(Fern-)Wandern

Die Idee

Vor einigen Jahren habe ich im Fernsehen einen 2-teiligen Bericht über einen Fernwanderweg in den USA gesehen. Dieser Bericht hat sich mir so eingeprägt, weil dort die Wanderer über 3500 km am Stück durch 14 US-Staaten gewandert sind und dafür ungefähr 1/2 Jahr benötigten.

Ich fand das faszinierend und hab eigentlich gewusst, dass das für mich nicht machbar wäre. Schon soviel Urlaub zu bekommen war illusorisch. Aber immer wieder wurde ich an diesen Fernsehbericht erinnert und immer wieder suchte ich irgendwie nach der Möglichkeit das auch mal zu erleben.

Je näher ich altersmäßig an die Rentengrenze kam, je mehr war eine Option, dies alles im Rentenalter zu bewältigen. Nur - dazu musste man fit sein.

 

Ist es machbar - und wenn ja, wann?
Ok 65 ist also der Zieltermin. Wie erreiche ich aber jetzt überhaupt das Ziel und - kann ich das überhaupt konditionell? Und - wie sieht es mit der Ausrüstung aus? Was benötige ich dazu? Also zwei Richtungen in die ich arbeiten musste. Kondition erarbeiten und Ausrüstung und Wissen über Fernwandern aneignen. 

Informationsbeschaffung
So begann ich nach und nach mich per BLOGs im Internet über den AT, so hieß mein angestrebter Wanderweg - der APPALACHIAN TRAIL - zu informieren. Dort fand ich auch Informationen zu geeigneter Ausrüstung und begann etwa 2010 mir nach und nach diese Ausrüstung zuzulegen.

Für die körperliche Konditionierung war ich schon Jahre mit dem Mountainbike unterwegs, das bedeutet aber noch lange nicht fit für das Fernwandern zu sein. 

Körperliche Kondition aufbauen - aber wie?
So überlegte ich wie ich das Fernwandern erproben könnte. Die Lösung lag quasi vor der Haustüre. Ich wohne in Birkenfeld am Schwarzwaldrand. Am Ort wo ich arbeite beginnen drei Höhenwege über den Schwarzwald, z.B. der Westweg von Pforzheim nach Basel. Dieser führt auch durch meinen Wohnort und der sollte mein Testweg werden.

Ich begann mit meiner erweiterten Ausrüstung und neuen Schuhen erste Kilometer um meinen Wohnort zum Teil auch über diesen Westweg zu wandern, so hab ich begonnen, die Schuhe, den Rucksack, die Stöcke u.v.m. zu testen. GPS Software auf dem Smartphone hab ich schon beim Mountainbiken eingesetzt, die habe ich gleich mit getestet. So kam das Jahr 2014 und ich legte den Termin fest wo ich meine erste Fernwanderung durchführen wollte. 

Zelt, Gaskocher, Schlafsack, ThermaRest-Matte alles war angeschafft und ausprobiert. Sogar eine Nacht im Zelt hinter dem Haus im Garten hatte ich zum Test verbracht. Nun sollte alles zum ersten Mal auf einer 10 Tages-Wanderung mit etwa 290 km getestet werden.

Bis zum Start im Juni hatte ich begonnen mit Rucksack und einigen Kilogramm Ausrüstung darin, Wanderungen durchzuführen. Als ich 300 km Testwanderungen hinter mir hatte, begann ich den Rucksack auf "Kampfgewicht" also mit der gesamten Ausrüstung (14 kg) zu beladen und hab noch weitere 100 km so ausgestattet trainiert, bis mein Starttermin heranrückte.

 

Westwegwanderung im Mai 2014

 

Nach 10 Tagen war ich wieder zuhause. Viele Eindrücke, Erlebnisse und neue Erfahrungen mussten danach verarbeitet werden. Die Ausrüstung hatte sich zum Teil bewährt aber zum Teil musste ich über andere Lösungen nachdenken. So stellte sich z. B. mein Zelt als nicht sehr praktisch heraus. Das Gewichtsmanagement musste auch überdacht werden. Optimierungsmöglichkeiten gab es bei vielen Gegenständen oder Themen.

 

Aber alles in allem war ich mit diesem ersten Versuch sehr zufrieden und ich wollte an meinem großen Ziel weiter festhalten. 

Nach und nach hab ich meine Ausrüstung opitimiert z.B. ein neues besseres Zelt beschafft. Hier Anschauen 

 

Mit der verbesserten Ausrüstung sollte nun der nächste Höhenweg über den Schwarzwald angegangen werden. Im Juni 2015 war es soweit.

Mittelweg 2015

 

Der Mittelweg war genauso erfolgreich wie im Jahr zuvor der Westweg. Die Kondition war ausgezeichnet - ok es waren auch weniger Höhenmeter und weniger Kilometer als beim Westweg. Meine Optimierungen haben sich positiv ausgewirkt und trotzdem gab es auch dieses Mal wieder Anlass das eine oder andere zu verbessern.

Wieder ging ein Jahr vorbei in dem ich weitere Fernwanderer die in Amerika meinen Traumweg liefen in ihren BLOGs mit verfolgt habe. 

 

Das Arbeitsende naht
Im Jahr 2016 fasste ich den Entschluss dass 2017 das Jahr meines AT sein sollte. Also galt es noch einmal die Ausrüstung zu testen und dann wollte ich überprüfen ob ich in der Lage wäre über 1000 km am Stück zu laufen und dabei noch hohe Berge zu überwinden, also so wie es mir in Amerika auf dem AT ja bevorstand. 

 

Ich nutzte die Winterzeit mir eine Wanderung zu planen die diese Bedingungen erfüllte. Schnell kam ich auf den Hugenotten- und Waldenserpfad, der von Frankreich bzw. Italien über die Alpen nach Genf und von dort durch die gesamte Schweiz nach Schaffhausen und über den Schwarzwald und Necker zu mir nach Hause führt. Eigentlich geht er noch weiter bis nach Bad Karlshafen in Nordhessen. Aber die Strecke die ich mir zurechtlegte von Torre Pellice im Piemont über die Alpen bis nach Ötisheim Schönenberg wo das Waldenser Museum steht, hatte ungefähr 1000 km und sollte für meine "Generalprobe" reichen. Ich war mir sicher, wenn ich diese Strecke schaffen würde, dann wären auch die 3.500 km in den USA keine Wahnvorstellung mehr. So wollte ich vorgehen!

Der Plan steht

Die Overtüre sollte der Ostweg sein und darauf bereitete ich mich Anfang 2016 vor. Am 30. April wurde ich von meiner Bank nach fast 47 Berufsjahren in den Ruhestand entlassen und konnte ab 1. Mai mich voll auf meine Vorhaben konzentrieren. So hab ich also zuerst als "Eingehtour" den 

Ostweg 2016

 

unternommen. Dabei hatte ich wegen sehr gemischtem Wetter auch zum ersten mal die Gelegenheit mein RegenSet erfolgreich zu testen. In 9 Tagen Anfang Juni bewältigte ich die 245 km des Ostweges. Alles in allem war ausrüstungsmäßig kaum noch Nachbesserungsbedarf, so dass ich mich auf meine Generalprobe vorbereiten konnte.

 

 

Am 13. Juli 2016 war es dann soweit, das Projekt

Hugenotten- und Waldenserpfad

 

konnte beginnen. Ich hab mir diesen Weg ausgesucht, weil ich durch meine Vorfahren einen besonderen Bezug dazu habe. Meine Oma Anna, die Mutter meines Vaters, ist eine geborene Bellon. Sie stammt von einer hugenottischen Flüchtlingsfamilie ab, die Ende des 17. Jahrhunderts mit weiteren waldensischen Flüchtlingen hierher emigriert ist und sich in Schönenberg (Ötisheim) niedergelassen hat.

 

Für diese Familie gibt es einen Stammbaum und ein Stammbuch in dem die Flucht von damals beschrieben wird. Ich orientierte mich bei meiner Wanderung hauptsächlich an dieser Beschreibung und dem seit einiger Zeit konzipierten Hugenotten- und Waldenserpfad (HUWP) der von Italien, Frankreich über die Schweiz und dann über den Schwarzwald nach Schönenberg führt, wo sich das Henry-Arnaud-Haus ein Waldenser-Museum befindet.

 

Mit dem Zug ging es also am 13. Juli über mehrere Stationen nach Italien und zwar nach Torre Pellice. Dort befindet sich ebenfalls ein Waldenser-Museum und das wollte ich mir vor Beginn meiner Wanderung anschauen um vielleicht noch weitere Informationen über meine Vorfahren zu bekommen.

Am 15. Juli begann ich meinen langen Weg zurück nach Hause wie die Presse schrieb. 

 

Leider endete die Wanderung, wie man in meinem Blog und Video lesen und sehen kann, nach 15 Tagen, weil ich mir eine Verletzung am linken Fuß zugezogen hatte. Nach 335 km und fast 24000 Höhenmeter musste ich in Genf abbrechen und fuhr am 30. Juli wieder zurück nach Hause.

 

Enttäuschung?!
Ziemlich enttäuscht habe ich zuerst mal begonnen meinen Fuß zu kurieren. 2 1/2 Monate hat es gedauert bis ich die ersten Wanderversuche wieder unternehmen konnte. Der anfängliche Frust und die spontane Aussage, ich werde wohl nie wieder wandern, hat sich gelegt und nach und nach rückt das Fernwandern mit neuen Zielen wieder in den Vordergrund. 

 

Wie geht es nun weiter?

Ich denke, dass ich mein Ziel den AT zu laufen nicht mehr erreichen werde. Ich beschränke mich künftig auf Fernwanderungen die in überschaubaren Zeiträumen zu verwirklichen sind. In YouTube auf meinem Kanal kann sich jeder ein Bild machen, welche Aktivitäten ich gerade erlebt oder hinter mich gebracht habe, weil ich dort die meisten meiner Wanderungen und Radtouren dokumentiert habe.